Käthe Kollwitz

8. Juli 1867, Königsberg – 22. April 1945, Moritzburg

Werke

Zwei stehende Kinder, 1909

Audio- und Textinformation zum Werk

   Audioinformation


Tagtäglich wurde Käthe Kollwitz, auch durch die Arztpraxis ihres Mannes in Berlin-Prenzlauerberg, mit den Schicksalsschlägen der Arbeiterwelt konfrontiert. Verwahrlosung, Arbeitslosigkeit, Gewalt, Hunger und Krankheit zählten zu den Problemen besonders der Frauen, die sich Beistand suchend an die Künstlerin wandten. So erklärte diese: Die „Schwere und Tragik der proletarischen Lebenstiefe wirkten mit als Ursache dieser meiner Gebundenheit an die Darstellung des niederen Volkes, und ihre immer wiederholte Darstellung eröffnete mir ein Ventil, oder eine Möglichkeit, das Leben zu ertragen.“
„Bilder vom Elend“ nannte Käthe Kollwitz eine Folge von Zeichnungen, die im Winter 1909/ 1910 entstand. Dabei handelte es sich um einen Auftrag der Wochenzeitschrift „Simplicissimus“.
„Zwei stehende Kinder“ ist Teil einer Skizze für das letzte Bild dieser Serie, das unter dem Titel „Weihnacht“ erschien. Auf dem vollständigen Blatt war eine hochschwangere Arbeiterfrau mit ihren Kindern zu sehen. Diese Zeichnung schnitt Käthe Kollwitz entzwei – von der Frau blieben nur eine Hand, ein Schuh und ein Schatten. Die Darstellung der beiden Kinder bekam auf diese Weise eine besondere, existentielle Dichte.
Stumpf geworden durch lang erfahrenes Leid schauen ein Mädchen und ein Junge skeptisch abwartend ins Leere. Ihre knochigen, ausgemergelten Gesichtszüge sind vom seitlich einfallenden Licht scharf herausgezeichnet und werden durch den dunklen Hintergrund unterstrichen. Der Hunger hat sich tief in die Augenhöhlen und Schläfen der Kinder gegraben. Sie frieren und wieder einmal ist der Bettelkorb leer geblieben.
Der Tod geht um im Werk der Käthe Kollwitz. Die Verzweiflung der notleidenden Menschen schonungslos zum Ausdruck zu bringen und das Mitleiden mit einem moralisch-politischen Appell zu verbinden, ist das große Anliegen ihrer Kunst.

Mutter mit Jungen, 1933