Karl Hofer

11. Oktober 1878, Karlsruhe – 3. April 1955, Berlin

Werke

Carona, 1927/28

© VG Bild-Kunst, Bonn 2020

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Dieses Bild ist darauf angelegt, die Weite der Tessiner Landschaft und die harmonisch darin eingepassten Häuser erfahrbar zu machen. So fügt sich alles in die horizontale Gliederung: Vordergrund, Dorfpanorama und Gebirgshintergrund sind durch dunkle Konturenlinien streng voneinander abgegrenzt.
Karl Hofer selbst erklärte zu jener Zeit, dass er in seinen Landschaftsbildern „versuche, unter dem Gewand objektiver Darstellung, die geheime Geometrie dieser Symbiose von Haus und Umwelt deutlich werden zu lassen.“
Der im Schatten liegende Dorfeingang wirkt verschlossen und menschenleer. Er gewährt dem Betrachter keinerlei Einblick und hält das Ortsinnere im Dunkeln. Diese Landschaft wirkt wie eine Kulisse, die dem Alltag und der Zeit vollkommen enthoben ist und den Betrachter auf Distanz hält. Dass der Künstler seine Tessiner Landschaften auch als Orte der Sehnsucht verstanden wissen wollte, als idyllische Enklaven in beklemmender Gegenwart, macht er an anderer Stelle noch deutlicher, wenn er den Zugang zu jenen Bergdörfern durch Bauzäune oder rot- weiße Schlagbäume verweigert.
Seinem hier praktizierten Malstil – dem expressiven Realismus – blieb Karl Hofer zeitlebens verpflichtet. Nach dem Zweiten Weltkrieg verteidigte er ihn vehement gegenüber der abstrakten Malweise einer jungen, international gestimmten Künstlergeneration.

Weitere Werke des Künstlers in der Sammlung :

Landschaft mit Baum, 1926

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„Landschaft mit Baum“ zeigt das hoch über dem Luganer See bei Carona gelegene Bergdorf Ciona. Erstmals, so erinnerte sich Karl Hofer, hatte er „diese paradiesische Welt, die durchaus italienisch und dennoch völlig anders ist“ – wie er selbst fand – nach seiner Freilassung aus der französischen Internierung im Ersten Weltkrieg erlebt.
Von 1925 bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs verbrachte der Maler – auf dem Gipfel seiner Schaffenskraft – regelmäßig seine Sommer am Luganer See. Malte er sonst vornehmlich Mummenschanz und alptraumhafte Visionen – ahnungsvolle Vorwegnahmen dessen, was in der Weltwirtschaftskrise und der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft zur Wirklichkeit wurde – so umkreiste er bei seinen Tessin-Aufenthalten das Landschaftsthema.
„Landschaft mit Baum“ ist eine der frühesten Arbeiten dieser Art. Häuser und Dächer passen sich harmonisch in ihre Umgebung ein – alles ist auf Verständigung der Formen angelegt. Die in einander verschachtelten Gebäude mit ihren manchmal so blind wirkenden Fenstern umlagern die Bergkuppe stufenartig in angedeutetem Bogenrund. Das architektonische Crescendo ist auf die Anhöhe am linken Bildrand ausgerichtet, wo die Kirche mit ihrem barocken Glockenturm den höchsten Punkt des Ortes markiert. Die Hanglage des Dorfes wird durch den abgestorbenen Baum mit seinem toten Geäst exakt ausbalanciert.
Die auffallende Gegenüberstellung zwischen dem toten Baum im Schatten rechts und dem in Sonnenlicht getauchten Kirchturm links fordert zur Interpretation heraus. Hier griff Hofer auf die christliche Bildwelt zurück und schuf einen metaphysischen Zusammenhang zwischen sterbender Natur und der Auferstehung durch den Glauben.