Werke
Bewegte Gruppe, um 1930
Audio- und Textinformation zum Werk
Die Grenzen der künstlerischen Gattungen zu überwinden, Malerei und Architektur, sowie plastisches Gestalten und Tanztheater in ein produktives Miteinander zu bringen, war das zentrale Anliegen Oskar Schlemmers. Die menschliche Figur im Raum wurde sein Hauptthema.
Ineinandergreifende Figurengruppen, die er geometrisch- choreographisch in vollendeter Harmonie anordnete, entstanden um 1930, als er zuerst Lehrer am Bauhaus, später an der Kunstgewerbe- Schule in Breslau war. In Essen gestaltete er in jener Zeit den Brunnenraum des Folkwang-Museums.
„Bewegte Gruppe“ ist Teil einer Reihe von Studien im Rahmen einer komplexeren Gestaltungsaufgabe, die allerdings bisher keinem bestimmten Projekt zugeordnet werden konnte. Gemeinsam belegen diese Arbeiten die allmähliche Entwicklung einer Kompositionsidee, bei der sich der Bildausschnitt zunehmend verengt und die Darstellung an Einfachheit gewinnt. Das in diesem Zusammenhang entstandene Aquarell mit seinen Proportions- und Konstruktionslinien zeigt da bereits ein hohes Maß an Abstraktion.
Die an einen Bogenschützen erinnernde Haltung der zentralen Figur wird dabei zum Maßstab für die Gesamtkomposition.
Geometrische Formen sind bei der Figurenanordnung entstanden: so ein Dreieck zwischen dem Bein des Schützen und den aufrechten Frauenkörpern. Dagegen wirken horizontale Kräfte: besonders die Arme des Schützen und der Geländerlauf unten. Die organisch geschwungenen Oberkörper im Mittelgrund gehen in eher statische Rechteckfelder über. Bei genauer Betrachtung ist die gesamte Handlung in geometrische Bahnen gelenkt.
Gerade weil sich Oskar Schlemmers Idealgestalten in einfachen Gesten genügen und ihr Tun so unkonkret wie rätselhaft erscheint, wirken sie einer höheren Wahrheit verpflichtet. Puppenhaft vereinfacht finden die Frontal-, Rücken oder Profilfiguren nur einen formalen, aber keinen kommunikativen Zusammenhalt. Vielmehr sind sie Ausdruck einer künstlerischen Vision: Es gälte „die naturalistische Wahrheit“ – erklärte Schlemmer dazu selbst – „im Schmelztiegel der Abstraktion“ zu opfern, „aber doch nur, um ein besseres zu gewinnen: die Kunstwahrheit.“