Karl Schmidt-Rottluffs Schaffenszeit umfasste die ersten siebzig Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts. Daran gemessen wirken die im Kreis der Dresdner „Brücke“-Künstler verbrachten acht Jahre gering, zumal er sich einen großen Teil in Norddeutschland aufhielt. Doch nur im Kontext der kollektiv empfundenen Aufbruchstimmung jener Zeit sind die Arbeiten des Künstlers zu verstehen.
„Unmittelbar und unverfälscht das wiedergeben, was sie zum Schaffen drängte,“ so nannten die Gründungsmitglieder der „Brücke“ Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Fritz Bleyl, und eben auch Karl Schmidt-Rottluff ihr künstlerisches Anliegen. Allerdings ging jeder der Maler anders mit diesem Anspruch um. Schmidt-Rottluff zog sich schon früh immer wieder in die Natur zurück und lebte während der Sommermonate fernab der Stadt. Besonders um 1930, als er sich zunehmenden Anfeindungen seitens der Nationalsozialisten ausgesetzt sah, wuchs noch einmal sein „Hang zum Eremitendasein“ wie er selbst erklärte.
In seinem neuen Sommerdomizil im hinterpommerschen Rumbke, am Lebasee, entstanden seit 1932 Landschaften und Stillleben. „Seerosen“ zeigt die Detailansicht der dicht bewachsenen Uferzone des Sees.
Die grelle Palette aus den „Brücke“-Jahren ist hier schon einer harmonischen Farbgebung gewichen, die sich stärker am Naturvorbild orientiert. Das Grün, das warme Rotbraun und Gelb der herzförmigen Seerosenblätter setzte der Maler in einem ersten Malgang gegen das kühle Blaugrün des sperrig-spitzen Uferschilfs. Mit schnellen schwarzen Pinselstrichen tuschte er dann auf dem getrockneten Papier die Umrisse der Blüten und Blätter nach.
Zwei Seerosen leuchten besonders hervor: die eine weit geöffnet, die andere noch knospig – beide Blüten – die offene und die geschlossene – deuten den Schöpfungs-Kreislauf an. Mit dieser Verdichtung der natürlichen Gegebenheiten erinnert Schmidt-Rottluffs Darstellung an ein Stillleben von äußerst kontemplativer Qualität.