EMIL NOLDE ZUM 150. GEBURTSTAG (2017)
Aquarelle, Gemälde, Grafiken
7. Mai 2017 – 7. Januar 2018
Dr. Michael Kuhlemann, Stiftung Sammlung Ziegler
„Absolute Ursprünglichkeit“, den „Ausdruck von Kraft und Leben in allereinfachster Form“ wollte Nolde darstellen und die Triebkräfte der Natur im intuitiven Prozess des Malens nachvollziehen. Spontaneität und Geschwindigkeit beim Arbeiten wurden dabei als Funktion des Elementaren und Unbewussten verstanden und zugleich als wesentliche Voraussetzung für das Gelingen eines Kunstwerkes, denn „je schneller mir ein Bild entstehen konnte“, so schrieb er rückblickend, „umso besser war es.“ Eine mythische Naturvorstellung charakterisiert seine Bilder; Heimat und Erdverbundenheit, Instinkt und kraftvolle Ursprünglichkeit sind ihre Kennzeichen. Die Kunstsammlung des Mülheimer Nobelpreisträgers Karl Ziegler verfügt über zahlreiche Aquarelle, Gemälde und Grafiken von Emil Nolde (1867–1956). Zum 150. Geburtstag des deutsch-dänischen Künstlers erinnert die Stiftung Sammlung Ziegler im Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr mit einer Studioausstellung an einen der einflussreichsten Künstler des deutschen Expressionismus. Nach seiner Ausbildung zum Möbelschnitzer und einer mehrjährigen Tätigkeit als Zeichenlehrer gelang dem fast Vierzigjährigen der Anschluss an die Kunst der deutschen Avantgarde. Umworben von den erheblich jüngeren Malern der Brücke trat Nolde 1906 dieser Künstlergruppe bei, konnte bereits 1908 sein erstes Bild an ein öffentliches Museum verkaufen und beteiligte sich 1912 an der Zweiten Ausstellung des Blauen Reiters. Mit seiner Frau reiste er quer durch Europa bis nach Ostasien, pendelte zwischen Land- und Großstadtleben, arbeitete aber vorwiegend in der Abgeschiedenheit seiner norddeutschen Heimat, wo er sich 1927 in Seebüll ein Wohn- und Atelierhaus errichten ließ. 1935 wurde er Mitglied in der dänischen Sektion der Nationalsozialistischen Partei; 1937 wurden über tausend Bilder des als „entartet“ diffamierten Künstlers aus den öffentlichen Sammlungen in Deutschland entfernt. Über 40 Nolde-Arbeiten aus den Beständen der Stiftung und des Kunstmuseums laden den Besucher zu einem farbenprächtigen Rundgang in der ersten Etage des Museums ein: Ansichten entlegener Landschaften in den Bergen, an den Küsten oder gar in fernen Ländern wechseln sich ab mit leuchtenden Blumenstillleben, strahlenden Figurenbildern, exotischen Tierdarstellungen und phantasierten Mythen aus grauer Vorzeit. Neben Noldes Bildern werden 15 Arbeiten von Ernst Ludwig Kirchner, Alexej Jawlensky, Erich Heckel, August Macke und Franz Marc gezeigt, die zum vergleichenden Sehen herausfordern und dazu beitragen, Noldes Werk im künstlerischen Kontext würdigen zu können. Die Ausstellung gliedert sich in fünf Stationen, beginnend mit einer umfassenden Biographie mit fotografischen Eindrücken aus dem Leben des Künstlers, gefolgt von einer Darstellung seiner künstlerischen Anfänge im Bereich der Druckgrafik; die anschließende Station ist den Blumenstillleben gewidmet, die Nolde zeitlebens in großer Zahl und in unterschiedlichen Techniken ausführte. Das Hauptaugenmerk liegt hier wie auch bei den nachfolgenden drei Themenfeldern – Figur-, Landschafts- und Tierdarstellung – auf der Aquarellmalerei, die zweifellos einen Schwerpunkt im Werk Emil Noldes ausmacht. Die intensiv leuchtenden Blätter zeigen eindrucksvoll, wie der Künstler die gefürchtete Routine technischer Geschicklichkeit, das kontrollierende Denken beim Malen auszublenden suchte, indem er den Zufall als Variable im Gestaltungsprozess einkalkulierte. Die nass ineinander laufenden Farben sollten sich Nolde zufolge „so folgerichtig auswirken, wie die Natur selbst ihre Gebilde schafft, wie Erz und Kristallisierungen sich bilden, wie Moose und Algen wachsen.“