Werke
Chrysanthemen mit Wasserschale, 1919
Audio- und Textinformation zum Werk
Christian Rohlfs wird den Expressionisten zugerechnet, er war aber um einiges älter als etwa die Maler der „Brücke“ oder des „Blauen Reiter“. Dennoch ist diese Zuordnung angemessen, da er erst spät seinen unverwechselbaren Stil entwickelte.
Schon als Kind kam Christian Rohlfs zum Malen – damals war er lange wegen eines Unfalls ans Bett gefesselt. Er studierte an der Kunstschule in Weimar und etablierte sich bald als freischaffender Künstler. Um die Wende zum zwanzigsten Jahrhundert ging er als Lehrer an die Folkwangschule nach Hagen, wo er in Karl Ernst Osthaus einen zugewandten Förderer fand.
„Chrysanthemen mit Wasserschale“ entstand ganz am Anfang einer neuen Schaffensphase nach dem Ersten Weltkrieg, als der Maler bereits siebzig Jahre alt war. Zu jener Zeit beschäftigte er sich hauptsächlich mit Aquarellen und Wassertempera-Bildern, und suchte in seiner Darstellungsweise immer mehr eine „Entmaterialisierung des Dinglichen“ und „Vergeistigung des Mediums Farbe“ wie ein Kunsthistoriker es treffend charakterisierte.
Die Chrysanthemen in der Glasvase auf dem roten Tisch sind dem Naturvorbild nur noch abstrakt verbunden. Schattenlos stehen sie vor einem Fenster – fast wie durchleuchtet. Mit seiner Malweise entwickelt Rohlfs hier ein Gegeneinander von offenen und geschlossenen Malschichten, locker gewebten und konturenscharf gezogenen Pinselstrichen und lässt damit seine Darstellung ganz unkörperlich flach wirken. Dennoch strahlt dieses Bild eine vibrierende, fast schwebende Lebendigkeit aus.
Der Kritiker Paul Westheim brachte es 1918 auf den Punkt, als er erklärte: „So scheint der Rohlfsschen Malerei hinter ausstrahlenden Farberlebnissen die Stofflichkeit des Objekts zu entsinken. Wie ein Schleier des Visionären schieben sie sich vor, aber noch so, dass immer die Empfindung jener Untergrund des Substanziellen verbleibt. Rohlfs’ letztes Ziel ist es offensichtlich, eine Brillanz und eine von innen herausdrängende Leuchtkraft zu bringen.“